Süchtig nach Autokraten

Wir werden es noch klarer sehen. Sie war keine Alternative, selbst wenn ihre private Serverei nicht wirklich dazu taugen sollte, eine Präsidentschaftskandidatin in den USA zu desavouieren. Auch die horrenden Honorare, die sie einstrich, eigneten sich nicht, um Hillary Clinton zur nichtwählbaren Figur zu kneten. Der Grund liegt woanders: Sie war schlicht zu zeitgenössisch-amerikanisch. Nämlich eine Seite der US-Medaille. Von Establishment will man gar nicht schreiben, denn die polternd sexistisch-chauvinistische Scheinalternative auf der anderen Seite gehört schließlich auch dazu. Die charakterlose Unperson dieses tumben, despotischen Immobilienfuzzis ist nicht dazu angetan, dieses Land zu retten, denn, das muss leider konstatiert werden: Amerika ist nicht zu retten. Es hat lediglich ein weiteres Mal auf seine recht merkwürdige Weise gewählt und wird exakt den Präsidenten bekommen, den es von Herzen begehrt. Natürlich zum Leidwesen derer, die mehr als nur double digit IQs besitzen und eher humanistisch-europäischer Prägung sind.

Nein, das Land der double standards hätte in jedem Fall angesichts dieser Kandidaten ausschließlich sich gewählt. Selbst wenn Clinton das Rennen gemacht hätte, denn auch sie steht für einen kaputten Teil des Landes. Man sage nicht, es habe keine Alternative gegeben. Ja, eine gab es: Zur Wahl stand mit Bernie Sanders tatsächlich ein Mensch mit Veränderungswillen und Glaubwürdigkeit, doch wie sich schon in den schmuddelig abgelaufenen Vorwahlen gezeigt hatte, war dies eine unmöglich zu realisierende Volte des letzten Rests Anstand, Würde und politischer Vernunft. Im Nachhinein ist es natürlich bemerkenswert, wie man sich, in der guten Hoffnung, diese Frau sei besser für den Planeten, auf Clinton gestürzt hat. Aber die Hoffnung stirbt bekanntermaßen zuletzt. Jetzt sieht alles es anders aus. Sanders wurde verhindert, weil diese Nation einen derartigen Kopf, einen derartigen Gestaltungswillen gar nicht verträgt. Man kann bloß spekulieren, dass im Falle seines Wahlsiegs, das Land der Freien in eine kollektive Psychose gefallen wäre.

Eigentlich sollte man es dabei belassen, wäre da nicht der größere Rahmen. Wir werden sehen, welche Richtung nun der Globus nimmt. Denn das ist das Interessante nach dem Trubel der Nacht. Fürchterlich ist aus dieser Hinsicht eines: Es gibt ernstzunehmende Anzeichen, dass die Sucht nach autokratischen Dummköpfen aus globaler Perspektive gegenwärtig der Mainstream ist. Egal wohin man schaut: Die großen Pötte – und mit Ungarn, Polen oder der Türkei auch kleinere – werden von Männern regiert, die für ein System korrupter Heilversprecher stehen, denen nichts Besseres einfällt, als jedes komplexe Problem so lange mit der Planierraupe zu überfahren, bis nur noch der linke und rechte Fahrstreifen übrigbleiben. Trump ist Bestandteil dieses narkotisierenden Turns, und er wird weiter Schule machen.

Es zeigt sich einmal mehr, dass Misanthropen und Pessimisten die besten Propheten sind. Und in einer merkwürdigen Schleife beginnt man zu denken, dass den Bürgern einfach nicht zu trauen ist. Man sie deswegen streng an die Hand nehmen müsse. Die hat natürlich stark zu sein, womit sich die Schleife zum Strick um den Hals bindet. Jetzt läuft alles nach diesem Programm, in dem sich genau diese Endlosschleife, dieser Bug nicht mehr zu verstecken braucht, weil er längst hoffähig geworden ist. Die Stimme des Volkes ist immer schon trügerisch gewesen, was in unserem Land zu höllischen Zeiten führte, aus denen wir, so dachten wir, ja eigentlich mit einem recht ausgeklügelten demokratischen System herausgekommen sind. Aber auch hier geht es ja längst los, und es ist vielleicht nur eine Frage der Zeit, bis die gesamte menschliche Dummheit über die Erde regiert. Oder tut sie es mit Blick auf die wahren Probleme nicht schon immer?

Die Wahl in Amerika ist nicht der Anfang. Der Globus steckt längst im Prozess exponentiellen Anwachsens der Blödheit. Das hat so etwas von selbstvergessenem Totentanz, wenn ein Trump oder Orban uns mit Scheinwahrheiten und Nicht-Lösungen zu fangen versucht. Aber diese simple Rhetorik wirkt. Ein Freund nannte unsere Gegenwart soeben das postfaktische Zeitalter. So ist es wohl. Trump ist nicht mehr als ein weiteres Indiz für die Trostlosigkeit dieser Wahrheit, in der sie selbst nicht mehr vorkommt. Die Welle ist nicht aufzuhalten.