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Netzkunst. Ihre Systematisierung und Auslegung anhand von Einzelbeispielen

Die wissenschaftliche Arbeit der Systematisierung von Kunstwerken ist seit geraumer Zeit eher in Verruf geraten und wird nur noch selten praktiziert. Um diese Exklusion begründen zu können, werden immer wieder theoretische Argumente geliefert, die darauf abzielen, dieses Vorgehen werde dem Sachverhalt eines kontinuierlichen Wandels nicht gerecht. Dennoch zeigt sich, dass Ordnungsversuche längst nicht obsolet sind. Kategorien verfestigen sich schließlich nicht bis ans Ende aller Tage. Vielmehr sind sie bereits zu ihrem Erscheinen revisionsbedürftig. Darüber hinaus bietet eine Systematik in einem Feld vergleichbarer Phänomene einen erleichterten Zugang zu den Einzelerscheinungen an, in dem jene Kontextualisierung zu Vergleichen motiviert. Aus diesem Grund habe ich das bislang disparat behandelte Genre der Netzkunst untersucht und anhand von einer Reihe von Werken aus den vergangenen rund zehn Jahren den Gehalt auf die Eignung für eine Ordnung überprüft. Da Netzkunst in einem engeren Sinne nicht ohne das Internet denkbar ist, Kunsthistoriker aber in der Regel nicht mit den Technologien und Techniken hinter den teils verstörenden Oberflächen vertraut sind, bietet die Arbeit einen Einblick beispielsweise in die Software-Protokolle der Datenkommunikation. Anders wäre beispielsweise eine Arbeit wie Stelarcs Ping Body nicht zu begreifen.

Um nun die verschiedenartigen Werke überhaupt in eine Ordnung überführen zu können, war es notwendig, sich mit der Wissenschaftstheorie der Begriffsbildung zu beschäftigen. Danach erst konnten bisherige Ordnungen, beispielsweise von Tilman Baumgärtel oder Hans Dieter Huber, in ihrer Tragweite verstanden, eingeschätzt und für meinen Vorschlag einer Reihe von Begriffen urbar gemacht werden. Diese allerdings standen auf einem gewichtigen Prüfstand: den Arbeiten selbst.

Mittels Einzelanalysen, in denen bereits langjährig praktizierte Methoden wie Max Imdahls Ikonik bzw. ihre analytischen Figuren für die Netzkunst adaptiert wurden, so in der Analyse von HTML-Code, wurde der Nachweis ihrer Reichweite und Sinnträchtigkeit erbracht. Dass dieses Vorgehen nicht ohne kritische Lektüre bereits vorhandener Texte über Netzkunst vonstatten gehen kann, versteht sich von selbst. Auf diese Weise wird ein allgemeiner Einblick sowohl in dieses noch junge Phänomen zeitgenössischer Kunst gegeben als auch der Beweis angetreten, dass mittels genuiner kunsthistorischer Vorgehensweisen auch diese Kunst in ihrer Tragweite als Kunst erkannt und verständlich vermittelt werden kann, ohne dass die Werke selbst zu Symptomen der jüngeren Gesellschaftsgeschichte degradiert werden müssten bzw. ihre künstlerische Qualität in den Belegstrukturen von Nachbarwissenschaften verschwände.

Im Februar 2008 konnte ich die Arbeit an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit meiner Disputatio (Gesamtnote: magna cum laude) abschließen.

Die Publikation ist im Verlag VDG Weimar, Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, erschienen.

Rezension: Thomas Metten: Matthias Weiß: Netzkunst, in: Journal für Kunstgeschichte, 14. Jahrgang, 2010, Heft 2, S. 142-149

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